Migration 2040:

Ein Blick in die Zukunft

Arne Hegland, Gewerkschaftssekretär SEV

Seit dem 100-Jahr-Jubiläum des SEV - bald steht das 125-Jährige vor der Tür - hat Migration auf allen Ebenen zugenommen, auch im öV. Sie ist für die Mehrheit der Leute normaler Alltag geworden, in aller Regel nicht der Rede wert. Trotzdem spielen rechtsnationale Kreise weiterhin auf dieser Klaviatur, schüren Ängste, wo es real nichts zu befürchten gibt und wissen weiterhin Leute hinter sich zu scharen. Und auch hier gilt: auch Mitarbeitende des öV. Die Argumentationsschiene dieser Kreise fusst fast ausnahmslos auf rassistischen Gedanken, Ideologien. Dem muss seitens der Gewerkschaften glasklar und lautstark Paroli geboten werden, in der Öffentlichkeit genauso wie gewerkschaftsintern. Emotionen der für rassistische Argumente empfänglichen Leute müssen dabei ernst genommen werden. Unsererseits soll jedoch nüchtern und mit Fakten untermauert argumentiert werden - und nicht mit „Gegenemotionen“. Punkto Rassismus und dessen Bekämpfung hat sich in den letzten Jahrzehnten argumentativ wenig verändert, nur sind die für Rassismus empfänglichen Leute glücklicherweise viel weniger geworden. Eben, weil für die meisten Migration normaler Alltag ist.

Die Migration hat wie geschrieben auf allen Ebenen zugenommen. Auf allen Ebenen? Ja, auf allen Ebenen. Denn es gibt nicht nur die geographische Migration, sei dies zwischen Landesteilen, zwischen Ländern und Kontinenten, zwischen Sprachgebieten. Genauso bedeutend ist die Migration innerhalb der Arbeitswelt. Arbeitgeber und Arbeitsorte werden selbstverständlich und in regelmässigen Abständen gewechselt. Berufe werden erlernt und oft nach wenigen Jahren neue erlernt, Aus- und Weiterbildung ist Dauerzustand, komplette Neuorientierungen sind gang und gäbe. Und auch im öV, traditionell u.a. aufgrund ehemaliger Monopolberufe eher resistent gegen diese Entwicklungen, ist dies zum beruflichen Alltag geworden. Das noch vor vielleicht 25 Jahren dominierende SEV-Mitglied - Lehre bei einem öV-Betrieb, Pensionierung beim demselben - gibt es nur noch vereinzelt. Es wird nicht nur fleissig innerhalb der öV-Branche gewechselt, sondern auch zwischen verschiedenen Branchen. Der SEV hat dadurch seine einstmals starke Bedeutung als Familie, als Heimat der öV-Angestellten weitgehend verloren. Mitglieder kommen und gehen. Die emotionale Bindung zum SEV ist in seiner früher ausgeprägten Form Geschichte, als Folge davon wurde der Unterverband der Pensionierten vor 5 Jahren aufgelöst und die verbliebenen Mitglieder als Senior/innengruppe innerhalb der Gesamtorganisation etabliert. Infolge der alltäglichen Migration zwischen Berufen und Branchen verloren auch die berufsspezifischen Unterverbände zunehmend an Bedeutung und wurden ebenfalls vor 5 Jahren zugunsten funktionsspezifischer Interessengruppen unter dem Dach des SEV aufgelöst. Dies bedeutet, dass der SEV nun - wir schreiben das Jahr 2040 - völlig neu organisiert ist. Aufgrund des weitgehenden Wegfallens der emotionalen Bindung zum SEV, positioniert sich der SEV noch stärker als der Fachverband im öV, aber mittlerweile auch in den neuen Bereichen des automatisierten Individual- wie Güterverkehrs. Der SEV ist aber weiterhin nicht nur Fachverband, sondern starkes Mitglied des SGB und bringt so seine Forderungen und Positionen in die Politik ein.

Englisch als weltweite Kommunikationssprache hat sich definitiv durchgesetzt. Neben den Landessprachen deutsch, französisch und italienisch kommuniziert der SEV deshalb vorausschauend schon seit 2023 in allen Bereichen auch auf englisch.

Die internationale Arbeitsmigration spiegelt sich auch in der Mitgliedschaft des SEV wieder. Das für Migration zuständige Fachgremium für Migration im SEV kümmert sich deshalb zum einen weiterhin auf politischer Ebene um die Rechte der Migrant/innen und der Bekämpfung des Rassismus auf und zum anderen neu konkret um die Bedürfnisse der internationalen Arbeitsmigrant/innen. Der SEV bietet dabei breite praktische Hilfe beim Zurechtfinden in der neuen Arbeits- und Lebensumgebung an - wohlwissend, dass diese Kolleg/innen früher oder später weiterwandern - migrieren - und deshalb zeitlich beschränkt SEV-Mitglied sind. Das lebenslange SEV-Mitglied gibt es zwar noch, ist jedoch nicht mehr fast allein bestimmend für die Kultur im SEV. Die Herausforderung des SEV wie dem Fachgremium Migration SEV ist es somit, sowohl den Bedürfnissen des klassischen “Einmal-SEV-Immer-SEV-Mitglied“ wie dem temporären „Wander-(Migrations-...)Mitglied gerecht zu werden und beide Bedürfnisse unter einen Hut zu bringen.

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